Sexuelle Erregungskurven bei Mann und Frau
Die bekanntesten Pioniere der Sexualforschung in den 1960ziger Jahren sind der Gynäkologe William Howell Masters und die Wissenschaftlerin Virginia Johnson, welche sehr plastisch verdeutlichten, dass die physiologischen Unterschiede der Erregung bei Mann und Frau drastisch sind, wie das oben genannte Schema deutlich macht.
Männer sind, metaphorisch betrachtet, eher „Sprinter“, wenn es um Lust und Erregung geht. Kurz und schnell.
Viele Frauen sind dagegen „Marathonläufer“, sie brauchen länger, bis sich auch physiologische Effekte einstellen (Lubrikation, Anschwellen der Schamlippen etc.) und wünschen sich häufig mehr Vorspiel, bis Erregung stattfindet.
Das weibliche Erregungsplateau ist ein anderes, es flacht nicht so abrupt ab nach Erreichen des Orgasmus, sondern bleibt länger auf einem Erregungsniveau, in welchem sich auch Multiorgasmen abspielen können.
Beim Mann fällt die Erregungskurve nach dem Orgasmus steil ab, was manchmal den Effekt hat, dass der Mann sich nach dem Sex einfach umdreht und einschläft, während die Frau frustriert neben ihm liegt. Diese Effekte der unterschiedlichen Erregungskurven beleuchteten Masters und Johnson anschaulich.
Inzwischen haben sich durch weitere Forschung andere sexuelle Erregungsmodelle durchgesetzt.
Zu nennen ist hier das dual control model for sexual response von Dr. John Bancroft und Dr. Eric Janssen entwickelt als neues theoretisches Modell der sexuellen Reaktion.
Dieses geht davon aus, dass die sexuelle Reaktion bei Individuen das Produkt des Gleichgewichtes zwischen erregenden und hemmenden Prozessen ist. Vereinfacht erklärt funktionieren beide Systeme weitgehend unabhängig voneinander, ähnlich wie auch in einem Auto ein Gaspedal (Erregung) als auch ein Bremspedal (Hemmung) vorhanden ist.
Jeder Mensch wird in einer bestimmten sexuelle Situation je nach individueller Situation eines oder beide Pedale unterschiedlich stark betätigen (Erregung oder Hemmung der Lust) .
Dieses Modell eignet sich vor allem beim Erforschen von komplexen Themenbereich der sexuellen Funktionsstörungen wie z.B. wie sexuelle Zwanghaftigkeit, sexuelle Aggression und risikoreiches Sexualverhalten oder um ganz banal die Auswirkungen der Stimmung auf sexuelles Verlangen zu erklären.
Es erklärt die Unterschiede des sexuellen Interesses und psychogenen Problemen in der Sexualfunktion wie Erektionsstörungen, Orgasmusschwierigkeiten u.a.
Auch kann dies herangezogen werden um die Unterschiedlichkeiten des Lustempfindens und Erregung bei Mann und Frau zu verdeutlichen.
Diese Unterschiedlichkeiten führen dazu, dass „frau nie will und man(n) immer„, um es sehr überspitzt zu formulieren. Und das macht auf Dauer Frustration auf beiden Seiten.
Versteht man die physiologischen Abläufe im Körper bei sexueller Erregung, kann man auch ganz konkret daran arbeiten, dies für beide Parteien wieder zu einem Gewinn nicht nur auf sexueller Ebene zu entwickeln, damit Sexualität wieder das wird, was es für jedes Paar werden soll.
Wie diese Sexualität mit Inhalt gefüllt und gelebt wird, ist so individuell wie wir Menschen einzigartig sind: eine schöne Vorstellung!